München, 3. Dezember 2018– Unter dem Stichwort „Implant Files“ berichten derzeit führende Medien auf der ganzen Welt über fehlerhafte Implantate, unter anderem auch Hüftendoprothesen. Ein wichtiges Thema findet auch Priv.-Doz. Dr. med. habil. Johannes Schauwecker vom Orthopädiezentrum München Ost (OZMO). Der Facharzt für Orthopädie ist ein erfahrener Spezialist für minimalinvasiven Gelenkersatz an Hüft- und Kniegelenk und seit fünf Jahren zertifizierter Hauptoperateur für Gelenkersatzoperationen.
Herr Dr. Schauwecker, unter dem Sammelbegriff „Implant Files“ thematisieren die Süddeutsche Zeitung und weitere führende internationale Medien fehlerhafte Implantate. Zu Recht?
Dr. Schauwecker: „Medizinprodukte können geradezu biblische Wunder vollbringen’, schreibt zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung und hat damit vollkommen Recht. Allerdings, und auch da stimme ich ebenfalls zu: ,Diese Medizin-Hightech hat auch eine gefährliche Seite, wenn sie schlampig entwickelt und nachlässig kontrolliert wird.’ Ich begrüße es deshalb sehr, dass das Thema Sicherheit von Medizinprodukten jetzt breit diskutiert wird. Es ist seit Jahren bekannt, dass bei der Verwendung von Implantaten nicht automatisch von deren Eignung und Sicherheit ausgegangen werden kann. Hierbei muss der Patient seinem behandelnden Arzt dahingehend vertrauen, dass dieser solche Eigenschaften eines Implantates ausreichend selbst überprüft hat. Und weil in der Regel die Implantatkosten Teil der Fallpauschale sind und nicht gesondert berechnet werden, besteht leider auch der Anreiz, durch günstigere Implantate den Gesamterlös einer Operation zu erhöhen. Dem Thema Implantatsicherheit wird jedoch im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie schon länger Bedeutung beigemessen. So wurde unter anderem als Reaktion auf den Prothesenskandal mit Metall-Metall-Gleitpaarungen 2010 auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie das Deutsche Endoprothesenregister gegründet.“
Wie kann ich mich als Patient davor schützen, ein fehlerhaftes Implantat zu erhalten?
Dr. Schauwecker: „Bei dem Einsatz eines Implantates handelt es sich meistens um einen planbaren Eingriff. Der Patient hat also Zeit, Informationen einzuholen und zum Beispiel zu erfragen, wer der Hersteller ist und um welches Implantat es sich handelt. Anschließend sollte sich der Patient vor seiner Zustimmung zu einer planbaren OP eine zweite Fachmeinung einholen. Dabei kann geklärt werden, ob die OP überhaupt sinnvoll ist und ob das Implantat geeignet ist und den notwendigen Standard erfüllt. Eine ärztliche Zweitmeinung lohnt sich natürlich nur, wenn der zweite Arzt über große Erfahrung in dem relevanten Fachgebiet verfügt. Dann aber kann sie eine unnötige Operation oder ungeeignetes Implantat vermeiden oder durch Bestätigung der Indikation beim Patienten Zweifel ausräumen und ihm ein sichereres Gefühl verschaffen.“
Gibt es wirklich Implantate, die von zweifelhafter Qualität sind?
Dr. Schauwecker: „Ich setze nur Implantate ein, die ich zuvor selbst auf eine ausreichende Studienlage geprüft habe, die bereits über einen längeren Zeitraum eingesetzt wurden und die auch über die strenge amerikanische FDA-Zulassung verfügen und laufend kontrolliert werden. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung mit Gelenkersatzoperationen und meiner Tätigkeit als TÜV-Gutachter ist mir bekannt, dass es unzureichend geprüfte Implantate wie z.B. günstige Nachbauten aus Billiglohnländern auf dem Markt gibt. Wer als Patient dieses Risiko nicht eingehen will, sollte sich vor einer Operation von seinem behandelnden Arzt die genaue Bezeichnung, also Hersteller und Typ des vorgesehenen Implantates mitteilen lassen.“
Laut Schätzungen von Experten ist jede dritte orthopädische Operation in Deutschland eigentlich nicht notwendig. Vor allem an Knie und Hüfte wird zu oft und zu schnell ein künstliches Gelenk eingesetzt. Wie kommt das?
Dr. Schauwecker: „Häufig wird nur anhand des Röntgenbildes entschieden und zur Operation geraten. Auf den Bildern kann der Arzt zwar die Verschleißerscheinungen des Gelenks erkennen, das entscheidende Kriterium für eine planbare OP ist jedoch immer der Leidensdruck der Patienten. Ist der Leidensdruck gar nicht so hoch oder sind nicht-operative Therapiemöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, dann kann eine OP zu voreilig und damit unnötig sein. Daher ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen für ein ausführliches Gespräch und eine umfassende Untersuchung des Patienten und die Empfehlung zur Operation für jeden Patienten individuell vorzunehmen.“
Woran erkenne ich als Patient, ob der Arzt die entsprechende Expertise hat?
Dr. Schauwecker: „Generell hat jeder Patient die freie Wahl, für welchen Arzt er sich entscheidet. Ein Patient sollte deshalb genau erfragen, welche Erfahrung der Operateur hat und wie oft pro Jahr er die betreffende OP durchführt. Vorteilhaft ist, wenn der Arzt ein gemäß Endocert zertifizierter Hauptoperateur ist, also die entsprechende Routine und Kompetenz sowie geforderte Infrastruktur nachweisen kann. Das gewährleistet dem Patienten auch, dass sowohl der Operateur als auch die Klinik strenge Richtlinien und Standards einhalten.“
Muss ich als Patient mit Extrakosten rechnen, wenn ich mir eine Zweitmeinung einhole?
Dr. Schauwecker: „Patienten, die sich eine fachliche Zweitmeinung einholen, müssen sich in der Regel nicht erneut allen Untersuchungen unterziehen, sondern bringen ihre Erstuntersuchungsergebnisse mit. Seit dem 2015 vom Bundestag verabschiedeten Versorgungsstärkungsgesetz hat jeder Patient ein Anrecht auf die Herausgabe aller Unterlagen und Ergebnisse des Erstbefundes. Kosten entstehen dem Patienten nicht, da diese von den Krankenkassen übernommen werden – was auch in deren Interesse liegt, da dadurch eventuell eine Operation verhindert werden kann.“
Dr. Johannes Schauwecker ist ein erfahrener Spezialist für innovative gelenkerhaltende Therapieverfahren und minimalinvasiven Gelenkersatz an Hüft- und Kniegelenk. Dr. Schauwecker studierte Medizin in Berlin und München. 2003 begann er seine Facharztausbildung zum Orthopäden und Unfallchirurgen am Universitätsklinikum rechts der Isar, die er am Klinikum Dachau und später erneut am Universitätsklinikum rechts der Isar fortsetzte. Seit 2010 ist Dr. Schauwecker Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. 2012 wurde er Oberarzt und im Januar 2016 Leitender Oberarzt. Schon früh spezialisierte sich Dr. Schauwecker auf die Behandlung von Hüft- und Kniegelenk. Besonders die ganzheitliche Betrachtung seiner Patienten und das Ausschöpfen von nicht-operativen Therapiemaßnahmen sind ihm dabei wichtig. Aus diesem Grund absolvierte er auch erfolgreich die Zusatzweiterbildung für Manuelle Medizin und Chirotherapie. Aufgrund seiner großen Erfahrung und Kompetenz ist Dr. Schauwecker seit fünf Jahren zertifizierter Hauptoperateur für Gelenkersatzoperationen.
Dr. Schauwecker hat zahlreiche wissenschaftliche Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften verfasst. Aufgrund seiner herausragenden Kompetenz und Erfahrung ist Dr. Schauwecker seit Jahren sehr gefragt für wissenschaftliche Vorträge sowie als Fachprüfer bei der Bayerischen Landesärztekammer tätig.
Nach zwölfjähriger Tätigkeit am Universitätsklinikum rechts der Isar und über 3000 Operationen verstärkt Dr. Schauwecker seit Oktober 2017 das Orthopädiezentrum München Ost (OZMO).